Speedcourt: Der Boden, der Sportler schneller macht

Frank Eppelmann entwickelte einen interaktiven Sportboden, mit dem Spitzensportler auf der ganzen Welt ihre Schnelligkeit testen und trainieren. Dabei spricht der Speedcourt nicht nur motorische, sondern auch kognitive Fähigkeiten an. Eine Eigenschaft, die auch Reha-Patienten hilft.

Jeden dritten Elfmeter soll Manuel Neuer halten. Das mag am Nervenkostüm der Spieler liegen, die gegen einen der besten Torhüter der Welt antreten. Dass ein Elfmeter gegen ihn keine 100-Prozent-Torchance ist, könnte aber auch an einem Handwerksbetrieb aus Hemsbach liegen. Denn Schnelligkeit spielt in vielen Sportarten eine immer zentralere Rolle.

„Spieler müssen in Sekundenbruchteilen Situationen wahrnehmen und aus diversen Auswahlmöglichkeiten die richtigen Entscheidungen treffen“, sagt Frank Eppelmann, Geschäftsführer von GlobalSpeed. Spitzenvereine wie Bayern München setzen daher auf seine Entwicklung: den Speedcourt. Der mit Kontaktsensoren verbundene Sportboden macht ein dynamisches, interaktives Schnelligkeitstraining möglich, indem Sportler visuelle Befehle erfassen, und motorisch ausführen.

Das Gehirn einbinden

Der Speedcourt spricht also nicht nur die athletische, sondern auch die kognitive Schnelligkeit an, weil er auch das Gehirn einbindet. Diese Herangehensweise gewinnt im Profisport, aber auch im Gesundheitsbereich immer mehr an Bedeutung. „Man erkennt allmählich, dass Training oder Reha nicht mehr nur aus Kraftgeräten, Spinning Bikes und Behandlungsbänken bestehen sollte“, sagt Frank Eppelmann. Sondern vielmehr aus einem ganzheitlichen Konzept für eine meist multidirektionale, dynamische Bewegung, wie sie auf dem Spielfeld oder in der Arbeitswelt tatsächlich stattfindet.

Verbesserung durch Daten

Schon Anfang der 2000er Jahre wollte Frank Eppelmann als Handballtrainer die Schnelligkeit seiner Spieler präzise erfassen. „Das war die ursprüngliche Idee: Wie kann ich einen Sportler wirklich besser machen? Und zwar auf Basis von Daten und Fakten.“

Erste Erfahrungen mit Schnelligkeitsbasistests und einfachen Messystemen sammelte er im S tudium der Sportwissenschaft in Heidelberg. Zwischen 2007 und 2010 entwickelte der 53-Jährige den Prototyp des Speedcourts, der dann gleich bei keinem geringeren Verein als Real Madrid eingebaut wurde.

Für seine Entwicklung hatte der Sportwissenschaftler und Sportpsychologe auch immer einen konzeptionellen und methodischen Ansatz im Kopf. „Es ist wichtig, sinnvolle wettkampf- und trainingsbezogene Daten zu erheben.“ Ziel sei es, Technikabläufe zu optimieren, um die Leistung zu verbessern. Die notwendigen Daten liefert der Speedcourt.

Explosivität auf fünf Metern

Ein Speedcourt kann in der absoluten Größe variieren, in der Form ist der Trainingsboden immer quadratisch. Neun, optisch vom Rest des Bodens abgehobene Felder sind in drei Reihen angeordnet. Der Startpunkt ist in der Mitte und hier sind auch je nach Modell – portabel oder fest installiert – zwei oder vier Sensoren eingebaut. „Im Endeffekt geht es darum, in einem Radius von fünf Metern zu antizipieren, zu reagieren, zu agieren und sich zu bewegen.“

Anweisungen auf Augenhöhe

Da es in fast keiner Sportart sinnvoll ist, die Aufmerksamkeit ständig auf den Boden zu richten, werden die Bewegungsanweisungen über einen Monitor auf Augenhöhe gegeben – in Farben, als Zahlen, Symbole oder Buchstaben. „Wir können auch Bilder oder Videosequenzen einspielen und viele interaktive Spielsituationen kreieren“, sagt Frank Eppelmann.

Entwicklungen von GlobalSpeed

  • SpeedCourt
  • SpeedTrack: eine lineare Sprintstrecke mit Kontaktsensoren am Start und Laserschrankentechnologie zum Messen einzelner Streckenabschnitte.
  • SpeedBouncer: eine Neuentwicklung speziell für den Bereich Fußball. Misst zum Beispiel den Zeit- und Kraftaufwand bei der Passgebung.
  • SpeedDMS (Dynamic Movement Skills): ähnlich dem Speedcourt. Mit den SpeedDMS können Koordinationstests und verschiedene Sprung-Programme durchgeführt werden.

Werden diese Einzelsysteme zusammen kombiniert und um komplementäre Systeme ergänzt, ergibt das ein technisches und methodisches Gesamtkonzept, das SpeedLab. Informationen unter globalspeed.com.

Das System Speedcourt ist durch Sensoren, Monitor, PC und Software vernetzt. Je nach Kundenwunsch werden die Daten zentral oder dezentral übertragen. Da die Sensoranordnung standardisiert ist, sind die gewonnenen Werte – soweit vom Kunden gewünscht – vergleichbar. „Nach all den Jahren verfügen wir über eine äußerst interessante Datensammlung verschiedener Altersstufen und Sportarten, die es uns ermöglicht, mit Referenzwerten zu arbeiten – natürlich anonymisiert“, sagt Frank Eppelmann. Der Speedcourt kann allein oder von mehreren Sportlern gleichzeitig genutzt werden. Sie identifizieren sich über RFID-Armbänder oder Daumenlesegeräte und erhalten in Echtzeit noch auf dem Court ein Feedback.

Verletzungsrisiko sinkt

Leistung zu steigern, ist aber nur ein Aspekt des Speedcourts. Er kommt auch in der Prävention und Rehabilitation zum Einsatz. „Auf dem Speedcourt zeigt sich, wie fit jemand nach einer Verletzung ist“, sagt Sportmediziner Sebastian Schneider. In seiner Praxis in Dreieich analysiert der Facharzt für Orthopädie auch Fehlstatiken, Fehlbelastungen und muskuläre Dysbalancen. Werden Technikabläufe daraufhin optimiert, senkt dies das Verletzungsrisiko. Das Zusammenspiel von kognitiven und motorischen Reizen hilft im Reha-Bereich aber auch Patienten beispielsweise nach einem Schlaganfall oder einer Hüftoperation in ihrem Heilungsprozess.

Kunstrasen oder Sportbelag

Der Speedcourt kann sowohl im Außen- als auch im Innenbereich aufgebaut werden, als Kunstrasen oder Sportbelag. Mit der Firma Morton Extrusionstechnik, einem Faserhersteller für Kunstrasenbeläge aus Abtsteinach im Odenwald, entwickelte GlobalSpeed den idealen Kunstrasen für die Anforderungen des Speedcourts. „Wir haben lange getüftelt, aber diese Lösung funktioniert jetzt hervorragend für unsere Anwendungen“, sagt Frank Eppelmann.

Ein Speedcourt mit einem Sportbodenbelag wird in mehreren Schichten verlegt und verschweißt. Die Sensoren verstecken sich stets unter den quadratischen Flächen, die sich farblich vom Rest des Bodens abheben.

Der ideale Hallenbodenbelag wiederum musste den Anforderungen der Indoor-Sportarten Handball, Basketball und Volleyball entsprechen. Also trittsicher sein, aber auch schnelle Drehungen erlauben. Hier arbeitet GlobalSpeed mit Gerfloor Mipolam, dem offiziellen Bodenbelagslieferanten der Handball-Weltmeisterschaften, zusammen. „Der Boden hat für uns den Vorteil, dass die Beläge einen sehr guten Kraftabbau haben, eine pflegeleichte Oberfläche und auch eine tolle Optik“, sagt Frank Eppelmann.

Bei einem fest eingebauten Speedcourt, werden Elektronik und Sensorik im Boden nahtlos und unsichtbar verbaut. Weil „die Kontaktauslösung einwandfrei funktionieren muss“, vertraut Frank Eppelmann beim Verlegen eines Speedcourts mit Sportbodenbelag auf Fachkompetenz aus dem Handwerk. „Diese Arbeit muss ein Profi durchführen. Das kann man nicht einfach so hinkleben.“ Diese Arbeit übernimmt deshalb oft Raumausstattermeister Hermann Klarl aus dem bayerischen Marquartstein. So auch beim bisher größten Projekt von GlobalSpeed – einem Double-Speedcourt mit 200 Quadratmetern – in San Francisco.

Richtige Fußbodentechnologie

Der Indoor-Sportbodenbelag wird in mehreren Schichten verlegt und verschweißt. „Für diese Art Boden ist Können und Berufserfahrung nötig. Das ist richtige Fußbodentechnologie“, sagt Hermann Klarl. Zum Verbauen der Sensorik muss der Boden glatt und eben sein und die Funktionstüchtigkeit der Sensoren muss währenddessen ständig überprüft werden. Kennengelernt haben sich Frank Eppelmann und Hermann Klarl 2015 beim FC Bayern München, als dort ein „SpeedTrack“, eine Laufstrecke, von GlobalSpeed installiert wurde. Die Chemie zwischen ihnen stimmte sofort und seitdem verlegen sie zusammen Speedcourts auf der ganzen Welt. „Die Reisen sind für mich Highlights. Sie sind anstrengend, aber auch immer ein tolles Erlebnis“, sagt Hermann Klarl.

Eigene Akademie geplant

Zehn Jahre nach der Gründung hat GlobalSpeed nicht nur den SpeedCourt im Angebot, sondern auch andere Lösungen wie SpeedTrack, SpeedBouncer und SpeedDMS (siehe Kasten) und natürlich entwickelt das zehnköpfige Team um Frank Eppelmann die Systeme ständig weiter. „Wir arbeiten an einigen Software-Erweiterungen und einem kommerziell orientierten Konzept.“ Geplant ist eine eigene Akademie, in der jedermann das sporttechnologische und sportwissenschaftliche Angebot von GlobalSpeed nutzen kann.

Fotos: Thomas Rittelmann
Text: Daniela Lorenz

Erschienen am 06.07.2020 in der Deutschen Handwerks Zeitung


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